Die Eutrophierung der Ostsee

Über Flüsse gelangen Nährstoffe (Stickstoff- und Phosphorverbindungen) aus der Landwirtschaft und aus ungeklärten Abwässern in das Meer. Ein hoher Nährstoffeintrag bewirkt ein starkes Algenwachstum (insbesondere bei schnell wachsenden Algenarten). Durch das vermehrte Absterben der Pflanzen wird bei der anschließenden Zersetzung übermäßig viel Sauerstoff verbraucht. Geringe Sauerstoffkonzentrationen führen zu lebensbedrohlichen Bedingungen für die am Boden lebenden Tiere – wie Seesterne, Muscheln und Krebse. Durch die großen Nährstoffmengen in den Küstengewässern werden die Produktion und der Abbau von organischem Material unnatürlich verstärkt. Dieser Vorgang wird Eutrophierung genannt.

Kreislauf der Nährstoffe

Bezüglich des Vorkommens der anorganischen Pflanzennährstoffe Phosphat und Nitrat ist ein typischer Jahresgang nachzuweisen. In Zeiten hoher biologischer Aktivität, d. h. in den Monaten mit höchster Sonneneinstrahlung, erreichen die Nährstoffe einen fast nicht mehr nachweisbaren Wert. Phosphat und Nitrat sind somit in der Biomasse gespeichert, welche zum Ende der Planktonblüte durch Remineralisation freigegeben werden und dementsprechend wieder nachweisbar sind. Sie können zu einer zweiten, kleineren Algenblüte im Herbst führen. Im Winter bildet sich eine typische Plateauphase aus, welche abhängig von der Witterung zwei bis drei Monate anhält, bevor die nächste Algenblüte beginnt. Die Nährstoffe befinden sich somit in einem Kreislauf und können nicht oder nur sehr schwer aus dem System entfernt werden, was die Ausmaße der Eutrophierung eines Gewässers stark beeinflusst.

Folgen der Eutrophierung

Die Eutrophierung hat vielfältige Folgen:

  • Das Wasser kann als Folge des gesteigerten Pflanzenwachstums trübe werden, was wiederum die Lebensbedingungen sehr vieler aquatischer Lebewesen beeinflusst / einschränkt.
  • Da die Meerestiere und –pflanzen unterschiedlich auf die „Düngung“ reagieren, treten Veränderungen in der Artenzusammensetzung auf. Ein Verlust von Biodiversität kann die Folge sein.
  • Überschüssige organische Substanz lagert sich am Boden des Gewässers ab, wo sie von Mikroorganismen unter Sauerstoffverbrauch zersetzt wird. Dies führt in geschichteten Gewässern zu Sauerstoffmangel, oft zu vollständigem Sauerstoffverbrauch und Bildung von Schwefelwasserstoff.

Eintrag von Nährstoffen

Entwicklung der Einträge von Stickstoff (links) und Phosphor (rechts) in die Ostsee; Helcom 2017

Bereits in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts konnten Eutrophierungseffekte in der Nähe großer Städte nachgewiesen werden und in den 1960er Jahren auch in der offenen Ostsee. Bis Mitte der 1980er Jahre nahm die Eutrophierung in der Ostsee dramatische Werte an: 4x so hohe Stickstoffeinträge und 8x so hohe Phosphateinträge seit 1900. Durch das Verbot von phosphathaltigen Waschmitteln und einer stärkeren Regelung der Düngevorschriften konnte der Nährstoffeintrag in den 1990ern erheblich gesenkt werden. Neuste Studien der HELCOM ergeben für das Jahr 2010 einen Stickstoffeintrag von 758.000 t und einen Phosphoreintrag von 36.200 t aus dem Einzugsgebiet. Für den Zeitraum von 1994 bis 2010 ergibt sich daraus eine Reduktion des Stickstoffeintrags um 17% und des Phosphoreintrags um 20%.

Möglichkeiten der Untersuchung

Das Ausmaß der Eutrophierung kann unter anderem durch den Chlorophyll a Gehalt gemessen werden. Chlorophyll a ist ein natürlicher Farbstoff in den Chloroplasten von Organismen, die Fotosynthese betreiben. Da Eutrophierung ein erhöhtes Algenwachstum hervorruft, dient dies als guter Hinweis auf den Eutrophierungsstatus. Hier findest du die aktuellen Chlorophyll a Werte für die Ostsee.

Das Maß der Eutrophierung bestimmter Bereiche lässt sich außerdem anhand der Sichttiefe bestimmen. Regelmäßige Studien der HELCOM über die aktuelle Sichttiefe verschiedener Ostseebereiche und deren Veränderungen lassen auf die Tiefe der euphotischen Zone schließen. Die von der Streuung, Brechung und Absorption abhängige Sichttiefe gibt an, in welcher Tiefe nur grade 1% der Lichtintensität des Oberflächenniveaus herrschen. Der Vergleich der jährlichen Untersuchungen ergibt, dass sich über das letzte Jahrhundert die Sichttiefen der Ostsee im Durchschnitt deutlich verschlechtert haben. So wurde eine Abnahme von 8-9 Meter auf 4-5 Meter festgestellt. In den Bereichen der südlichen Ostsee konnten in den letzten 20 Jahren jedoch wieder klareres Wasser gemessen werden. Die Verringerung der Sichttiefe ist auf die Zunahme der Phytoplanktonbiomasse zurückzuführen. Viele Lebewesen werden durch die geringere Lichtversorgung der tieferen Bereiche in ihrer Lebensweise beeinflusst oder eingeschränkt.

Zustand der Ostsee

Der Eutrophierungszustand der Ostsee

Im Jahr 2009 nahm die HELCOM erstmalig eine einheitliche Klassifizierung des Eutrophierungszustandes der Ostsee vor. Der sehr gute (blau, nicht vorhanden) und gute Zustand (grün) beschreibt Gebiete, die nicht von Eutrophierung betroffen sind. Der Zustand eutrophierter Gebiete wird als mäßig (gelb), unbefriedigend (orange) oder schlecht (rot) charakterisiert. Von den 189 untersuchten Gebieten (172 Küstengebiete, 17 offene Seegebiete) wiesen 161 Gebiete Eutrophierungsmerkmale auf, nur 11 Gebiete konnten mit einem guten ökologischen Zustand bewertet werden. Von Eutrophierung nicht betroffen ist nur der nördliche Teil des Bottnischen Meerbusens und Teile des Kattegats. Daher ist festzustellen, dass Eutrophierung trotz zahlreicher Maßnahmen weiterhin ein sehr ernstzunehmendes Problem der Ostsee ist!

Kosten der Eutrophierung

Die Eutrophierung führt sowohl zu negativen Auswirkungen auf die Umwelt, als auch zu einer Beeinträchtigung des Wohlergehens der Bürger in den Küstenregionen. Diese Auswirkungen vermindern den Umweltnutzen der Ostsee. Zum Nutzen werden nicht nur wirtschaftliche Faktoren, wie z. B. Fischfang gezählt, sondern auch der Vorteil von Meeres- und Küstenerholung und die Nutzung der Ostsee durch die kommenden Generationen.

Der verlorene Nutzen, bzw. die Auswirkungen der Eutrophierung der Ostsee wird mit der Zahlungsbereitschaft der Bürger angegeben, d. h. den Betrag, den sie bereit sind zu bezahlen, um einen guten Eutrophierungszustand wieder her zu stellen. Die Gesamtschäden für den gesamten Ostseeraum durch die Eutrophierung werden auf 3.8-4.4 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt. Mit anderen Worten, das Wohlergehen der Bürger würde jedes Jahr um so viel steigen, wenn ein guter Eutrophierungsstatus erreicht würde. Dementsprechend wird ein guter Eutrophierungsstatus der Ostsee den Bürgern in den Küstenländern mehr Wohlstand und wirtschaftlichen Nutzen bringen.

Es muss noch viel getan werden!

Erste Bemühungen zur Verbesserung des Eutrophierungszustandes der Ostsee gibt es bereits. Mit der Umsetzung der 2000 in Kraft getretenen Wasserrahmenrichtlinie und der 2008 in Kraft getretenen Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie der EU gibt es Instrumente, um Maßnahmen zur Nährstoffreduktion in Nord- und Ostsee rechtlich verbindlich durchzusetzen und der Eutrophierung damit entschlossener entgegenzuwirken.

Trotz der starken Rückgänge der Nährstoffzufuhr seit den 1990er Jahren sind die Konzentrationen weiterhin auf hohem Niveau. So werden immernoch nicht die von der HELCOM geforderten Richtwerte eingehalten (siehe Abbildung).

Daten in der Simulation

In der Simulation werden folgende Eutrophierungszustände auf Grundlage der möglichen Nährstoffeinträge dargestellt:

  • „wenig“, wenn die Einträge drastisch gesenkt werden und somit die Nährstoffkonzentrationen in der Ostsee verringert werden können.
  • „mittel“, wenn die Nährstoffzufuhr in die Ostsee nach den staatlichen Richtlinien reduziert werden würden.
  • „viel“, wenn wir so weiter machen wie bisher und es gleichbleibende hohe Einträge in die Ostsee gibt.

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