Ozeanversauerung

Als gigantische „Senken“ nehmen die Ozeane etwa ein Viertel des von Menschen produzierten Kohlenstoffdioxids auf. So helfen sie, den Klimawandel zu verlangsamen. Doch im Meer reagiert das Kohlendioxid zu Kohlensäure. Das Wasser wird saurer und damit zu einer Gefahr für große und kleine Lebewesen, die ihre Schalen und Skelette aus Kalk aufbauen. „Ozeanversauerung“ nennen Wissenschaftler dieses Phänomen. Warum findet sie statt?

Ozeanversauerung - das andere CO2-Problem

Seit der industriellen Revolution Mitte des 19. Jahrhunderts haben Menschen allein durch die Verbrennung fossiler Energieträger wie Kohle, Erdgas und Erdöl rund 440 Milliarden Tonnen Kohlenstofdioxid (CO2) in die Atmosphäre entlassen. Das entspricht einem mit flüssigem CO2-Gas beladenem Güterzug von einer Länge dreieinhalbmal zum Mond und zurück. Pflanzen verarbeiten dieses unsichtbare und geruchlose Gas bei der Photosynthese zu Sauerstoff. Auch das Meer bindet als so genannte „CO2-Senke“ Kohlendioxid. Es nimmt mehr als ein Viertel des von Menschen produzierten Kohlenstoffdioxids auf. Gäbe es diese natürlichen Speicher auf unserem Planeten nicht, würde er sich viel schneller und stärker erwärmen als wir es heute bereits feststellen. Denn Kohlenstoffdioxid ist ein gefährliches Treibhausgas: Gelangt es in die Atmosphäre, reflektiert es dort von der Erde abgestrahlte Wärme – das Klima heizt sich auf.

Ein wenig Chemie: Was passiert im Meerwasser?

Die Ozeane bremsen die globale Erwärmung. Doch das CO2 aus der Atmosphäre reagiert im Meer mit dem Wasser zu Kohlensäure. Als Folge davon sinkt der pH-Wert des Wassers – es wird saurer. Chemiker unterscheiden bei der Ozeanversauerung zwei Reaktionen. Wenn Wasser mit Kohlenstoffdioxid zu Kohlensäure reagiert, werden Hydrogencarbonat-Ionen und Wasserstoff-Ionen freigesetzt. Die Wasserstoff-Ionen steigern den Säuregrad und reduzieren den pH-Wert:

CO2 + H2O <-> H2CO3 <-> H+ + HCO3-

Ein Teil der in der ersten Reaktion freigesetzen Wasserstoff-Ionen reagieren mit dem in Meerwasser reichlich vorhandenen Carbonat-Ionen (CO32-):

H++CO32- <-> 2HCO3-

Dies führt dazu, dass die Ansäuerung durch CO2 teilweise „abgepuffert“ wird, der Säuregehalt also nicht so stark steigt, wie ohne den Carbonatpuffer.

Gemeinsam führen die beiden Reaktionen dazu, dass im Wasser weniger Karbonat-Ionen verfügbar sind. Diese benötigen kalkbildende Lebewesen wie Algen und Plankton, Muscheln, Schnecken, Seeigel oder Korallen jedoch für ihr Wachstum. Kleinere Organismen wie die Flügelschnecke sind als erstes von der Ozeanversauerung betroffen. Sie sind Futter für Fische und andere größere Tiere. Ihr Stoffwechsel beeinflusst außerdem wichtige chemische Abläufe im Ozean. So kann mit der Basis des empfindlichen Nahrungsnetzes schließlich das ganze System aus dem Gleichgewicht geraten. Noch ist unklar, was dies für unser Klima und unsere Umwelt bedeutet. Deshalb arbeiten Wissenschaftler mit Hochdruck daran, den Prozess der Ozeanversauerung besser zu verstehen und seine Auswirkungen besser abzuschätzen.

Quelle: Nicolai (2012) Kommunikation & Medien (GEOMAR)

Schau dir hier ein Video zur Ozeanversauerung an und erfahre, wie Kieler Meereswissenschaftler/innen die Ozeanversauerung erforschen!

Ozeanversauerung - eine Lebensgemeinschaft in Auflösung

Daten in der Simulation

Die aktuelle CO2-Konzentration liegt bei 405 ppm. Je nach globaler Entwicklung gibt es unterschiedliche Prognosen, wie sich die Konzentration in der Zukunft entwickelt. In der Simulation findest du verschiedene Szenarien, die in der untenstehenden Tabelle zusammengefasst sind. Hier siehst du die Veränderungen des pH-Werts aufgrund unterschiedlicher atmosphärischer CO2-Konzentrationen.

pH-Wert ppm
8,1 400
7,9 800
7,6 1600

Die Einheit ppm steht für parts per million und bedeutet ein Millionstel (10-6). Bei dem pH-Wert handelt es sich um einen negativen dekadischen Logarithmus wodurch eine Verringerung um nur wenige zehntel Einheiten große Effekte bedeutet. Jedoch konnten in der Ostsee bisher kaum Effekte einer reinen Verringerung des pH-Wertes auf verschiedene Organismen festgestellt werden, da diese bereits an sehr schwankende pH-Werte angepasst sind. Ausschließlich in der Kombination mit der Erwärmung der Ostsee konnten Effekte festgestellt werden.


Du willst mehr erfahren?

Dann kannst du dich hier informieren:

BIOACID (2012): Ozeanversauerung für Schüler erklärt

Geomar (2012): Ozeanversauerung - das andere CO2 Problem

Quellenangaben:

  • BIOACID, GEOMAR (2012): Das andere CO2 Problem. Ozeanversauerung. Acht Experimente für Schüler und Lehrer. 2. Aufl.
  • Al-Janabi, Balsam; Kruse, Inken; Graiff, Angelika; Karsten, Ulf; Wahl, Martin (2016): Genotypic variation influences tolerance to warming and acidification of early life-stage Fucus vesiculosus L. (Phaeophyceae) in a seasonally fluctuating environment. In: Mar Biol 163 (1), S. 94. DOI: 10.1007/s00227-015-2804-8.
  • Thomsen, Jörn; Stapp, Laura S.; Haynert, Kristin; Schade, Hanna; Danelli, Maria; Lannig, Gisela et al. (2017): Naturally acidified habitat selects for ocean acidification–tolerant mussels. In: Sci. Adv. 3 (4), e1602411. DOI: 10.1126/sciadv.1602411.

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