Organismen der Simulation

In der Simulation „Ostsee der Zukunft“ werden die Auswirkungen der Treiber auf drei unterschiedliche benthische Organismen sowie auf deren Interaktionen dargestellt.


Die der Organismen sind:


Benthos - Leben am Meeresboden

Das Benthos (griechisch: Benthon = Tiefe) beschreibt alle in der Bodenzone eines Gewässers, dem Benthal, lebenden Organismen. Neben der Unterscheidung zwischen Phytobenthos (Pflanzen) und Zoobenthos (Tiere) wird die große Diversität an benthischen Lebewesen von der Wissenschaft folgendermaßen eingeteilt.


Nach der Größe:

  • Mikrobenthos < 0,032 mm (Bakterien und Protisten, besiedeln Oberflächen einzelner Sedimentkörner und bilden dadurch einen sogenannten Biofilm)
  • Meiobenthos 0,032 – 0,5 mm (Fadenwürmer, Ruderfußkrebse, Strudelwürmer, Kieselalgen)
  • Makrobenthos > 0,5 mm (Muscheln, Ringelwürmer, Krebstiere, Stachelhäuter, Rot-/Braun-/Grünalgen)

Nach der Beweglichkeit:

  • Sessiles Benthos = unbeweglich oder festheftend (Seepocken, Rot-/Braun-/Grünalgen, Korallen)
  • Hemisessiles Benthos = eingeschränkt beweglich (Schlick-/ Köderwurm, Muscheln)
  • Vagiles Benthos = frei beweglich (Schnecken, Seesterne, die meisten Krebsarten)

Nachdem Lebensraum

  • Epibenthos = auf dem Substrat lebend (Seesterne, Schwämme, Rot-/Braun-/Grünalgen, Flohkrebse)
  • Endobenthos = im Substrat lebend (Ringelwürmer, Sandklaffmuscheln, Plattwürmer)


Im Vergleich zur Gruppe des Planktons (alles was schwebt) und Nektons (alles was schwimmt) ist die eingeschränkte Mobilität vieler benthischer Arten hervorzuheben. Große Wanderungen oder Ortsänderungen sind meist weder aktiv noch durch passive Verfrachtung möglich. Dadurch kann die Erschließung neuer Lebensräume und die damit verbundene Möglichkeit der Mischung des Erbgutes im Benthos nur durch die Larvenstadien erfolgen. Eine weitere Besonderheit der benthischen Lebensgemeinschaften besteht darin, dass viele Organismen von anderen bewachsen werden (Epibiose). Dadurch entsteht eine komplexe, dreidimensionale Struktur, welche vielfältige Oberflächen und Lückenräume entstehen lässt. Diese werden von verschiedenen Organismen wiederum besiedelt, oder als Schutzräume aufgesucht. Das Benthos hat eine große Bedeutung als Nahrungsquelle für viele Vertreter des Nektons ebenso wie Destruenten. Rot-/Braun- und Grünalgen sind auf eine solide Verankerung angewiesen und besiedeln somit Hartböden (Felsen, Kiesel oder ähnliches). Seegräser hingegen sind in lockerem Sediment (Weichböden) verankert. Das Phytobenthos trägt somit zur Befestigung der Böden bei und ist als natürlicher Küstenschutz von großer Bedeutung. Einige Arten, welche sich durch Filtration ernähren (zum Beispiel die Miesmuscheln) filtern nicht nur Schadstoffe aus dem Wasser sondern scheiden den unverdaulichen Teil ihrer Nahrung wieder aus. Damit sorgen sie für eine Reinigung des Wassers und tragen erheblich zur Sedimentbildung bei.

Quellen: Sommer, 2005; Tardent, 2005; Hempel et. al, 2006

Benthos der Ostsee

Salzabhängige Verbreitungsgrenzen bestimmter Arten in der Ostsee

Die Ostsee hat eine Vielzahl unterschiedlicher Lebensräume wie zum Beispiel Sandbänke, Flussmündungen, Sand- und Wattflächen, küstennahe Lagunen, Seegatten, Riffe, schmale Buchten (HELCOM 2009a). Eine einzigartige Lebensgemeinschaft entwickelte sich erst innerhalb der letzten 8000 Jahre. Mittlerweile existieren schätzungsweise 450 Arten des Phytobenthos, über 1000 Zoobenthosarten sowie einige tausend bekannte und unbekannte Mikroorganismen. Die Lebensbedingungen für das Benthos der Ostsee sind charakterisiert durch die kurze geologische Existenz des Meeresbodens, starken Salzgehalts- und Temperaturschwankungen, gelegentlichen Sauerstoffmangel und das reichliche Nahrungsangebot der im Pelagial nicht verwerteten Primärproduktion. Der entscheidende Faktor für die Verteilung der Pflanzen und Tiere in der Ostsee ist der Salzgehalt, weshalb es zu einer salzgehaltsabhängigen Veränderung der Artzusammensetzung kommt.

Artenverteilung in der Ostsee

Die Ostsee ist ein Gewässer mit vergleichsweise geringem Salzgehalt und geringer Artenzahl. Ursprünglich stammt die Flora und Fauna der Ostsee entweder aus dem marinen Bereich oder aus dem Süßwasser. Nur Arten, welche sich an den veränderten Salzgehalt anpassen konnten, sind im Brackwasser der Ostsee zu finden. In der Abbildung wird die von Remane (1958) aufgestellte Brackwasserregel der Abhängigkeit von der Artenvielfalt vom Salzgehalt deutlich. So existieren viele Arten, die entweder ihren Toleranzbereich bei hohem bzw. niedrigem Salzgehalt haben, jedoch sehr wenige Arten im Bereich des Brackwassers (5-12 psu).

Anzahl der Arten in den unterschiedlichen Becken der Ostsee sowie das Verhältnis von Süßwasser-, Brackwasser- und marinen Arten in verschiedenen Bereichen der Ostsee

Einige Arten konnten durch diverse Anpassungen jedoch ihr ursprüngliches Salzgehaltsoptimum verlassen und erfolgreich im Brackwasser siedeln. Um weit in den Niedrigsalzbereich vorzudringen, bleiben einige marine Arten im salzreichen Tiefenwasser (Submergenz). Die Verbreitungsgrenzen dieser Arten sind damit stark vom einströmenden Salzwasser der Nordsee abhängig.

Die Bereiche unterschiedlichen Salzgehaltes sind keineswegs stabil. Je nach Menge an einströmendem Nordseewasser und abfließendem Süßwasser aus den Flüssen schwankt der Salzgehalt zum Teil erheblich. Um diese Schwankungen zu überstehen, sind entsprechende Anpassungen bei den Brackwasserarten zu finden. So treten bei plötzliche Ab- oder Zunahme des Salzgehaltes keine großen Schwellungen oder Schrumpfungen im Gewebe auf, da diese Organismen ihr Cytoplasma durch aktive Prozesse der umgebenden Ionen-Konzentration anpassen können! Durch spezialisierte Zellen in bestimmten Organen (z.B. Kiemen, Nieren, Darm) werden Ionen aus dem Außenmedium entgegen dem Konzentrationsgefälle aktiv aufgenommen. Damit kann der osmotische Wert und das Volumen der Körperflüssigkeiten der entsprechenden Lebewesen reguliert werden. Um diese Leistungen zu ermöglichen, ist die Durchlässigkeit der äußeren Oberflächen für Wasser und Salz stark herabgesetzt. Diese Anpassung erfordert jedoch Energie. Daher sind im Allgemeinen die aus dem marinen Lebensraum eingewanderten Arten in der Ostsee kleiner, da die Anpassungen an den niedrigeren Salzgehalt ihnen Stress bereitet. Die Körperfunktionen sind ursprünglich an höheren Salzgehalt angepasst, daher muss nun ständig Wasser aus ihrem Körper heraus oder Salze hineingepumpt werden und die dafür benötigte Energie steht nicht mehr dem Wachstum zur Verfügung.

Rumohr et al. (1996) entwickelten ein ostseespezifisches Sukkzessionsmodell wobei nicht nur die Benthosfauna sondern auch der Redoxzustand und die Sediment-strukturen mit einbezogen werden. Die benthischen Lebensgemeinschaften der südlichen und westlichen Ostsee werden nach abnehmender Komplexität in fünf Stadien geordnet:

I. Bis in große Tiefen mit Sauerstoff gut durchmischte Sedimente bieten Lebensraum für eine stabile von Muscheln und Stachelhäuter dominierte Klimax-Gesellschaft. Die häufig tief siedelnden Arten haben eine lange Lebensdauer und sind durch hohe Biodiversität gekenn-zeichnet. II. Die Lebensgemeinschaft ist von Muscheln und langlebigen Ringelwürmern dominiert, welche starken Fluktuationen unterworfen ist. Durch den hohen Nährstoffeintrag kommt es wie in Stadium I zu einer großen Biomasseproduktion. III. Im dritten Stadium vollzieht sich ein deutlicher Wechsel zu einer biomassearmen Gemeinschaft aus kleinen Würmern mit starken Schwankungen und gelegentlichen Auslöschungen durch Sauerstoffmangel. Hier dringt Sauerstoff nur noch wenige Millimeter in den Boden ein. IV. Es existiert bereits keine Fauna mehr, nur angepasste Bakteriengesellschaften, die in dem meist anoxischen Sediment leben können. V. In diesem Endstadium ist überhaupt kein Sauerstoff im Sediment oder Wasser zu finden, was zum völligen Fehlen des Benthos führt. Die schlechteren Lebensbedingungen in den Gebieten geringer Sauerstoffversorgung bedingen eine Verlagerung des Siedlungsschwerpunktes der Tiefengemeinschaften in flachere Gebiete (Emergenz). Wie in der Abbildung deutlich zu erkennen ist, sorgt die Abwesenheit von Sauerstoff für eine Reduzierung der Artenvielfalt und Besiedlungsdichte. Häufig werden die Biozönosen dann von opportunistischen Arten dominiert und bieten die Möglichkeit für die Einwanderung invasiver Arten.




Treiber der Simulation

Die Organsimen der Ostsee werden in der Zukunft von unterschiedlichen Treibern verändert. Hier findest du weitere Informationen zu den Treibern dieser Simulation.

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